Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zur bayerischen Schulpolitik/Spaenle/Schuljahresstart: ''Wunsch und Wirklichkeit''!
Datum: Dienstag, dem 09. Februar 2016
Thema: Bayern News


Regensburg (ots) - Mehr Lehrer, mehr Zeit, mehr Chancen" - unter dieses Motto stellte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) seine Pressekonferenz zum Schuljahresstart.

Dabei präsentierte er durchaus Verbesserungen - doch ganz so rosig, wie der Minister glauben machen will, sieht es an Bayerns Schulen nicht aus.

Dass auf einen Lehrer heute weniger Schüler kommen als noch vor fünf Jahren, ist zunächst einmal positiv. So können die Kinder und Jugendlichen besser individuell gefördert werden.

In die Berechnung des Ministeriums fließen aber nicht nur die Teilzeitkräfte mit ein, sondern auch die kleinen Grund- und Mittelschulen im ländlichen Raum, bei denen das Betreuungsverhältnis ohnehin deutlich besser ist.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Ausweitung des Modellversuchs "Flexible Grundschule", bei dem Kinder die ersten beiden Jahrgangsstufen wahlweise in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen können, von 20 auf 80 Schulen.

Anstatt die Kinder aber weiterhin nach der vierten Klasse auf die weiterführenden Schulformen aufzuteilen, sind viele Eltern für ein längeres gemeinsames Lernen. 60 Prozent sprachen sich in einer aktuellen Emnid-Umfrage für eine Aufteilung erst nach der sechsten Klasse aus.

Auch bei den Ganztagsschulen klaffen Wunsch und Wirklichkeit teils weit auseinander. Einer im Juni veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge werden nirgendwo in Deutschland anteilig weniger Kinder ganztägig unterrichtet als in Bayern.

Nur jeder zehnte Schüler (10,5 Prozent) nutzte ein Ganztagsangebot - im Bundesdurchschnitt sind es 28,1 Prozent. Laut der Emnid-Umfrage würden aber 70 Prozent der Eltern eine Ganztagsschule bevorzugen. Bayern hole hier massiv auf, versprach der Minister und kündigte für das kommende Schuljahr einen Ausbau der gebundenen Ganztagszüge und offenen Ganztagsgruppen an.

Elternverbände kritisieren jedoch, dass nur diejenigen Schulen Ganztagsschule werden dürfen, die mindestens auch ein Halbtagsangebot haben. Gerade kleinere Schulen, die nur einen Zug anbieten können, fallen hier oft heraus - Eltern und Schüler haben das Nachsehen.

In Zeiten, in denen oft beide Elternteile arbeiten müssen, damit das Einkommen reicht, und die Zahl der Alleinerziehenden steigt, ist das eine unsinnige Regelung. Daran zu rütteln, wäre aber wohl schlicht zu teuer: Allen Schülern Zugang zum gebundenen Ganztag zu ermöglichen, würde den Freistaat der Bertelsmann Stiftung zufolge 1,7 Milliarden Euro kosten.

Für Schlagzeilen sorgte vor wenigen Wochen die Meldung, dass zum kommenden Schuljahr rund 14 000 Schüler mehr als 2011 prognostiziert die Mittelschulen im Freistaat besuchen würden. Inzwischen wurde die Zahl zwar auf 4000 herunterkorrigiert, Spaenle sprach trotzdem von einem "Erfolg für die Mittelschule".

Die Zahlen seien ein Zeichen dafür, "dass sich diese Schulart in Bayern etabliert und stabilisiert" habe, so das Ministerium. Das ist allerdings Augenwischerei - denn tatsächlich sinken die Schülerzahlen an den Mittelschulen schon seit Jahren, zuletzt von 220 000 im Schuljahr 2010/11 auf 209 800 in diesem Schuljahr.

Die wenigsten Eltern wollen, dass ihr Kind eine Mittelschule besucht - zu schlecht ist ihr Ruf. Hier ist die Politik gefordert, nach Lösungen zu suchen.

An den Gymnasien wurden Lehrpläne von elf Fächern gekürzt, um die Stofffülle des G8 zu entschlacken. Eine mobile Lehrerreserve soll dafür sorgen, dass weniger Unterricht ausfällt - das ist ein längst überfälliger Schritt.

Das Problem des Fachlehrermangels, vor allem in Mathe und Physik, bleibt jedoch bestehen. Und eine fachfremd vertretene Stunde ist nun einmal kein Ersatz für richtigen Unterricht.

Autorin: Louisa Knobloch

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Weiter zum Originaltext: http://www.presseportal.de/pm/62544/2321545/mittelbayerische_zeitung/mail

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Regensburg (ots) - Mehr Lehrer, mehr Zeit, mehr Chancen" - unter dieses Motto stellte Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) seine Pressekonferenz zum Schuljahresstart.

Dabei präsentierte er durchaus Verbesserungen - doch ganz so rosig, wie der Minister glauben machen will, sieht es an Bayerns Schulen nicht aus.

Dass auf einen Lehrer heute weniger Schüler kommen als noch vor fünf Jahren, ist zunächst einmal positiv. So können die Kinder und Jugendlichen besser individuell gefördert werden.

In die Berechnung des Ministeriums fließen aber nicht nur die Teilzeitkräfte mit ein, sondern auch die kleinen Grund- und Mittelschulen im ländlichen Raum, bei denen das Betreuungsverhältnis ohnehin deutlich besser ist.

Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Ausweitung des Modellversuchs "Flexible Grundschule", bei dem Kinder die ersten beiden Jahrgangsstufen wahlweise in einem, zwei oder drei Jahren durchlaufen können, von 20 auf 80 Schulen.

Anstatt die Kinder aber weiterhin nach der vierten Klasse auf die weiterführenden Schulformen aufzuteilen, sind viele Eltern für ein längeres gemeinsames Lernen. 60 Prozent sprachen sich in einer aktuellen Emnid-Umfrage für eine Aufteilung erst nach der sechsten Klasse aus.

Auch bei den Ganztagsschulen klaffen Wunsch und Wirklichkeit teils weit auseinander. Einer im Juni veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge werden nirgendwo in Deutschland anteilig weniger Kinder ganztägig unterrichtet als in Bayern.

Nur jeder zehnte Schüler (10,5 Prozent) nutzte ein Ganztagsangebot - im Bundesdurchschnitt sind es 28,1 Prozent. Laut der Emnid-Umfrage würden aber 70 Prozent der Eltern eine Ganztagsschule bevorzugen. Bayern hole hier massiv auf, versprach der Minister und kündigte für das kommende Schuljahr einen Ausbau der gebundenen Ganztagszüge und offenen Ganztagsgruppen an.

Elternverbände kritisieren jedoch, dass nur diejenigen Schulen Ganztagsschule werden dürfen, die mindestens auch ein Halbtagsangebot haben. Gerade kleinere Schulen, die nur einen Zug anbieten können, fallen hier oft heraus - Eltern und Schüler haben das Nachsehen.

In Zeiten, in denen oft beide Elternteile arbeiten müssen, damit das Einkommen reicht, und die Zahl der Alleinerziehenden steigt, ist das eine unsinnige Regelung. Daran zu rütteln, wäre aber wohl schlicht zu teuer: Allen Schülern Zugang zum gebundenen Ganztag zu ermöglichen, würde den Freistaat der Bertelsmann Stiftung zufolge 1,7 Milliarden Euro kosten.

Für Schlagzeilen sorgte vor wenigen Wochen die Meldung, dass zum kommenden Schuljahr rund 14 000 Schüler mehr als 2011 prognostiziert die Mittelschulen im Freistaat besuchen würden. Inzwischen wurde die Zahl zwar auf 4000 herunterkorrigiert, Spaenle sprach trotzdem von einem "Erfolg für die Mittelschule".

Die Zahlen seien ein Zeichen dafür, "dass sich diese Schulart in Bayern etabliert und stabilisiert" habe, so das Ministerium. Das ist allerdings Augenwischerei - denn tatsächlich sinken die Schülerzahlen an den Mittelschulen schon seit Jahren, zuletzt von 220 000 im Schuljahr 2010/11 auf 209 800 in diesem Schuljahr.

Die wenigsten Eltern wollen, dass ihr Kind eine Mittelschule besucht - zu schlecht ist ihr Ruf. Hier ist die Politik gefordert, nach Lösungen zu suchen.

An den Gymnasien wurden Lehrpläne von elf Fächern gekürzt, um die Stofffülle des G8 zu entschlacken. Eine mobile Lehrerreserve soll dafür sorgen, dass weniger Unterricht ausfällt - das ist ein längst überfälliger Schritt.

Das Problem des Fachlehrermangels, vor allem in Mathe und Physik, bleibt jedoch bestehen. Und eine fachfremd vertretene Stunde ist nun einmal kein Ersatz für richtigen Unterricht.

Autorin: Louisa Knobloch

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